Ein Porsche 991 GT3 der zweiten Generation ist in Zeiten der Minimierung von Hubraum und Emissionen, des autonomen Fahrens und der fortschreitenden Digitalisierung der Automobile eine der letzten Festungen des analogen Fahrspaßes mit großvolumigen Motor im Hochdrehzahlkonzept. Ein GT3 ist eine auf das wesentliche reduzierte Fahrmaschine die am Lenkrad ganz ohne Knöpfe auskommt. Das Auto ist laut, liegt hart auf der Straße und verkörpert für einige Fans der Marke das Wesen Porsches wie heute kein anderer aktueller Zuffenhausener. Mit der Einführung des GT3 Touring im Zuge der 991.2 Modellpflege wird Porsche endlich jenen Rufen aus der Szene nach einem handgeschalteten GT ohne Flügel gerecht und versucht vielleicht auch den ein oder anderen knurrenden Kunden, welcher keinen 911R bekommen hat, wieder zu besänftigen.
Der GT3 Touring begeistert in jeder Hinsicht. Der aus dem GT3 Cup abgeleitete Motor mit mechanischen Ventiltrieben gibt Geräusche von sich die man bei modernen 911 seit Mitte der 90er vermisst, nie war ein GT-Motor emotionaler, nie war er leistungsstärker. Das eigens für den Touring entwickelte 6-Gang Handschaltgetriebe schafft den perfekten Spagat zwischen Klassik und Moderne. Kurze und mechanische Schaltwege kombiniert mit einer Zwischengas- und Hochschaltautomatik ermöglichen dem versierten Fahrer die Zähmung der 500 Pferde mit nur einer Hand. Der Touring verfügt wie der konventionelle GT3 über eine mitlenkende Hinterachse und wird dadurch äußerst agil. Sicherlich holt der beflügelte GT3 mit PDK gegenüber dem Touring auch die allerletzten Zehntel auf der Rundstrecke heraus, in Punkto Emotionalität liegt der Touring jedoch gewiss immer eine Nase vorn.
Und wenn wir über Emotionalität sprechen sind wir auch schon mitten im Thema und bei der Frage angelangt wer gibt schon einem Auto einen Frauennamen?
Eva ist ein 991 GT3 Touring in der paint-to-sample Sonderfarbe Oakgrün Metallic. Konfiguriert von einem der wohl detailversessensten Petrolheads und Freund des Hauses fineeleven, ermöglicht durch Mitarbeiter von Porsche Exclusive die die Markenidentität des Sportwagenbauers aus Stuttgart Zuffenhausen tief im Herzen tragen. Eva ist kein Investmentobjekt eines Sammlers, zusammengestellt nach dem Parameter möglichst individuell dem Exclusive Department von Porsche viele CXX (Sonder-) Optionen zu entlocken. Eva ist auch nicht der x-te Porsche Neuwagen seines Besitzers und nein, auch einen 918 fährt dieser nicht. Wie konnte in Zeiten der langen Wartelisten auf Porsche GT-Fahrzeuge, der streng limitierten Produktionskapazitäten von Fahrzeugen in Sonderfarben und wahnwitzig komplizierten Entscheidungsprozessen über die Durchführbarkeit bestimmter Ausstattungsmerkmale innerhalb des Porsche Konzerns überhaupt entstehen? Durch Passion – deshalb trägt dieser GT3 auch einen Frauennamen.
Zu den auffälligsten Merkmalen dieses GT3 Touring zählt sicherlich die Außenfarbe. Der Farbton 265, 22L oder 23G Oakgrün Metallic war erstmalig zwischen 1976 und 1980 in der Farbpalette von Porsche zu finden. Für rund zehn Jahre verschwand der Farbton dann von besagter Palette und tauchte zwischen 1991 und 1994 für den 964, 928 und 968 wieder auf. Ganz im Sinne des klassischen äußeren Erscheinungsbildes verfügt Eva über das Chrompaket um die Seitenscheiben und einen Seitenschriftzug im gleichen Grauton der Felgen. Besonderes Detail aller GT3 Touring ist das einfarbige schwarz weiße Porschewappen auf den Nabendeckeln der Zentralverschlüsse – ein Detail, welches es sonst nur beim 911R gab, alle anderen Zentralverschlüsse tragen ein farbiges Wappen. Das Öffnen der Türen gibt den Blick auf die Aluminium-Einstiegsleisten frei welche der Schriftzug M472 ziert – eine Reminiszenz an den Ausstattungscode des legendären 1973er RS Touring. Passend zum grünem Exterieur sind die Vollschalen-Sportsitze in dunkelbraunem Leder mit einem Stoffmittelteil in Pepita. Die Kopfstützen ziert anstelle des üblichen GT3 Schriftzuges oder des eingeprägten Porschewappens ein eingesticktes touring – ein Detail, welches bis dato nur bei Eva verwendet wurde.
Ähnlich passioniert und emotional wie die Konfiguration dieses sehr speziellen GT3 Touring war auch seine Übergabe und wie könnte es anders sein, es war natürlich eine Werksabholung bei Porsche Exclusive in Stuttgart. Wir hatten das Glück Teil des kleinen Kreises von Freunden und Enthusiasten zu sein, die bei der Abholung von Eva dabei sein durften, Special Guest bei der Übergabe war der wohl bekannte Magnus Walker.
Nach einer ausgiebigen Führung durch die Werkshallen nahmen wir Eva am Tag der 70 Jahrfeier von Porsche in den neu bezogenen Räumlichkeiten von Porsche Exclusive, dem ehemaligen Werk 1, in Empfang. Im Werk 1 wurden früher Rennfahrzeuge gewartet und montiert und auch das Büro von Herrn Prof. Dr. Porsche selbst war mit Blick auf eben jenen Innenhof gerichtet in dem nun Eva und die anderen drei GT3s unseres Empfangskomitees standen. Nach kurzem Moment des Staunens wurde der GT3 Touring schließlich seinem eigentlichen Zwecke zugeführt: dem Fahren.
Die erste Tour mit Eva führte uns durch malerische und kurvige Straßen des Stuttgarter Hinterlandes zum Gasthof Friedrichshöhle ungefähr 100 Kilometer südöstlich von Zuffenhausen. Dieses Restaurant wurde uns von Entwicklungsingenieuren des Porsche GT-Department empfohlen die dies gerne als Ziel für Abstimmungs- und Erprobungsfahrten ansteuern. Schon auf dem Weg dorthin spürten wir am Lenkrad, dass unsere GT3s schon einmal hier waren…
Nach kurzer Stärkung steuerten wir zielstrebig die Alpen an. Vorbei am Bodensee fuhren wir in die Schweiz, unser Ziel: Pässe fahren. Nach zahlreichen Passfahrten innerhalb des Landes gelangten wir schließlich an den Splügenpass. Dieser verläuft ausgehend vom Kanton Graubünden in der Schweiz in die italienische Provinz Sondrio und stellt auf 2115m unter anderem die Wasserscheide zwischen dem nach Norden fließenden Rhein und dem nach Süden verlaufendem Po dar. Mit jedem Meter den wir den Pass in Richtung Italien herunter fahren wird die Temperatur milder, die Vegetation zusehends mediterraner. Unten angekommen verlassen wir schließlich die Provinz Sondrio in Richtung des Comer See um dort einen ganz besonderen Autosammler und Freund grüner Fahrzeuglackierungen zu treffen.
Am Comer See angekommen treffen wir Eugenio mit seinem 997 GT2 RS in British Racing Green und fahren mit Ihm in seine Garage. Er zeigt uns generös seine Sammlung und schwärmt von seinem Herzensprojekt – der Entwicklung einer ganz eigenen Interpretation eines seiner Lieblingsautos, dem Lancia Delta Integrale. Als Autohersteller mit dem Namen Automobili Amos entwickelt Eugenio den Lancia Delta Futurista und erweckt damit die Rallyikone seiner Jugend mit einer umfassenden Frischzellenkur zu neuem Leben. Er erzählt uns fasziniert von vielen Raffinessen und Details seines Projektes welches im Netz vor allem unter dem Hashtag #makelanciagreatagain bekannt ist.
Schließlich machen wir das Foto für welches wir den Weg nach Italien auf uns genommen haben – Eva auf grünen Kacheln umgeben von noch mehr grünen Sportwagen.
Auf dem Rückweg knackte Eva die 1.000 Kilometer Einfahrgrenze und durchbrach auf der deutschen Autobahn erstmalig die 300 km/h Schallgrenze. Wie bereits gesagt, genauso emotional und voller Passion wie die Konfiguration von Eva war auch Ihre Abholung.