47. AvD-Oldtimer-Grand-Prix am Nürburgring
Zum 47. mal versammelte sich die historische Rennsportgemeinde am Grand Prix Kurs des Nürburgrings. Bei dem seit 1973 fest im Terminkalender der deutschen Oldtimerszene verankerten Event trafen sich dieses Jahr rund 500 historische Rennwagen die über drei Veranstaltungstage hinweg von insgesamt 53.500 Zuschauern bestaunt wurden.
In 20 Renn- und Gleichmäßigkeitsprüfungen traten verschiedenste Rennwagen aus den 20er bis hin zu den 2010er Jahren in ihren jeweiligen Rennklassen gegeneinander an. Traditionell wird dieses Event auch von zahlreichen Herstellern genutzt um Präsenz in der Oldtimerszene zu zeigen. Auch dieses Jahr ist neben Ferrari, Alfa Romeo, Skoda, Volvo und Lotus der Sportwagenbauer Porsche mit dem größten Markenauftritt vertreten gewesen.
Gäste von Porsche konnten sich auf dem 47. AvD OGP über ein limitiertes Modellauto anlässlich des 50 Geburtstages des 914 freuen.
Porsche feiert 50 Jahre 914 auf dem AvD OGP
Einschub: 50 Jahre Porsche 914
Auf der IAA 1969 wurde ein recht eigentümliches Modell der Porsche-Familie zum ersten mal der Öffentlichkeit präsentiert. Die Rede ist vom Porsche 914, einer damaligen Kooperation mit Volkswagen.
Seit der Einführung des Porsche 911 mit dem Sechszylinder Boxermotor bestand bei Porsche die Notwendigkeit eines die Modellpalette preislich nach unten erweiternden ,,kleinen Bruders“. Aus diesem Bedarf heraus entstand 1965 der Porsche 912, optisch gesehen ein 911, bestückt jedoch mit dem günstigeren Vierzylinder des letzten 356.
Gegen Ende der 60er Jahre galt der 912 leistungsmäßig als überholt und konnte sich mit seinen 90 PS als Sportwagen kaum noch gegen die Konkurrenz behaupten. Es sollte ein neues Modell mit Vierzylindern unterhalb des 911 her. Zeitgleich gab es auch seitens des Autoherstellers Volkswagen Überlegungen eine seiner sportlicheren Modelle, dem sich seit 1961 in Produktion befindlichen Karmann Ghia Typ 34, in Rente zu schicken und ihn durch ein neueres und zeitgemäßeres Modell zu beerben. Aufgrund der seiner zeit sehr engen familiären Verbindung Ferry Porsches zum damaligen VW Chef Nordhoff entstand rasch die Idee einer Kooperation. Festgehalten wurden die Regelungen die Entwicklung, der Vertrieb und die Produktion kostenoptimiert aufzuteilen, wie in einer Familie eben so üblich, sehr wage und lediglich mündlich. Unmittelbar nach der Fertigung des ersten 914 Prototypen erkrankte Nordhoff schließlich schwer und verstarb kurze Zeit später. Der neu eingesetzte VW Chef Lotz, familiär völlig ohne Verbindung zu den Porsches, wollte die zuvor besprochenen Regelungen nicht recht anerkennen und führte neue Verhandlungen herbei, die in der Familie Geschaffenen Synergien waren dahin. Der Marktstart des 914 stand also unter keinem guten Stern. Porsche und VW rauften sich zusammen, schließlich wurde eigens für den 914 eine gemeinsame Vertriebsgesellschaft gegründet.
Die Karosserien des 914 entstanden auf neutralem Boden bei Karmann in Osnabrück. Die Vierzylinder Modelle wurden dann im VW Werk Wolfsburg, die Sechszylinder in Stuttgart bei Porsche gefertigt. Angeboten wurde der 914 zwischen 1969 und 1976 mit Motorisierungen von 80PS im kleinen 1.7er Vierzylinder bis 11oPS im 2.0 Sechszylinder. Seltene Rennversionen wie der 914/6 GT, der 916 und der 914/8 brachten es von 190 PS über 260 PS bis hin zu 300 PS. Es entstanden insgesamt fast 120.000 Exemplare des VW Porsche.
Am Eingang des Porsche-Parkplatzes wurden die Besucher direkt zum Platz gewiesen. Fein säuberlich sortiert nach Modellreihe stand dort alles vom 356 bis zum aktuellen 992.
Unzählige Porsche, fein säuberlich nach Modellreihe sortiert.
Traditionell stellt Porsche einen äußerst großzügigen Parkplatz auf dem Infield des Grand Prix Kurses für die Besucher (mit Porsche) bereit. Penibel wird darauf geachtet, dass die Fahrzeuge auf dem Gelände nach Baureihe sortiert sind. So fügen sich vom 356 über F- und G-Modell, 964, 993 und 996 alle Modelle aus Stuttgart in geordneten Gruppen zusammen. So erfüllt der Parkplatz nicht nur seine praktische Funktion, sondern ist als vielfältige Ausstellung eines der Highlights des Events.
Auf dem Parkplatz tummeln sich neben den vielfach produzierten Erfolgsmodellen auch echte Raritäten. In der Parkreihe der Porsche Hypercars stehen die drei Musketiere 959, Carrera GT und 918 nebeneinander und sorgen bei den meisten Besuchern für andächtiges Schweigen. Ältester Wagen der Veranstaltung war ein 1951 Porsche 356 Split Window Coupé. Besonderheit an diesen zwischen 1950 und 1952 Porsche 356 aus ganz früher Stuttgarter Produktion ist, dass sie noch über eine geteilte Frontscheibe, wie beim VW T1, verfügen.
Porsche 356 der besonders frühen Jahre 1950 bis 1952 sind besonders gut an ihren geteilten Frontscheiben zu erkennen. Ab dem Modelljahr 1953 wurde dieses markante Merkmal durch eine einteilige Scheibe mit deutlich zu erkennendem Knick ersetzt. Erst zum Modelljahr 1956 bekam der 356 schließlich die gleichmäßig gewölbte Scheibe so wie sie noch heute an modernen Fahrzeugen Verwendung findet.
Neben diversen 356 fanden die frühen Porsche 911, das sogenannte F-Modell, platz. Auch vom Modell des Geburtstagskindes 914 hat es ein gutes Dutzend an den Nürburgring gezogen. Auf dem Parkplatz standen die Mittelmotor 914 direkt neben den Fahrzeugen der Transaxle Ära. Die Modelle 924, 928, 944 und 968 zeigten sich äußerst zahlreich und auch seltene Vertreter der Gattung Transaxle wie der 1980 Porsche 924 Carrera GT waren vertreten.
Die wohl größte Fraktion der anwesenden Porsche waren die G-Modelle. Dies ist auch aufgrund der sehr langen Bauzeit von knapp über 16 Modelljahren nicht verwunderlich. Zu bestaunen waren diverse Motorisierungen und Ausführungen des G-Modells und des 930 Turbo. Highlights der anwesenden luftgekühlten Modelle jüngeren Alters, genau gesagt der Baureihen 964 und 993, waren 964 Speedster, Turbo 3.6 (bekannt aus dem Film Bad Boys) und auch seltene 993 RS.
Wer glaubt, dass nur historische Fahrzeuge willkommen geheißen wurden der irrt! Auch die Neuzeit von Porsche fand von 996, 997, 991 über Boxster, Panamera und Cayenne bis hin zum Macan einen würdigen Stellplatz!
Niemals aus der Mode kam bei Porsche das Konzept Speedster. Dieser 964 Speedster in Speedgelb ist die dritte Generation von offenen Porsche die den Beinamen Speedster tragen durften. Seine Vorgänger: 356 Speedster, 911 Speedster. Seine Nachfolger: 997 Speedster, 991 Speedster.
Neben der klassischen Porsche Hospitality erwartete die Besucher auch ein Classic Pavillon und ein großer Ausstellungsbereich der Porsche Exclusive Manufaktur.
Die werkseigene Classic Werkstatt hat zwei seiner aktuellen Projekte in unterschiedlichen Stadien der Vollrestaurierung ausgestellt. Zum einen einen 1957er A Speedster, dessen blankes Blechkleid nach vollzogener Instandsetzung der Karosserie zu sehen war. Eindrucksvoll war hier natürlich eine perfekte Blecharbeit und die sehr gute Maßhaltigkeit der Spalten. Das zweite Ausstellungsstück der Werksrestaurierung war ein 1973er Carrera RS in der auffällig schönen Farbe 117 Hellgelb. Dieses Fahrzeug war bereits lackiert und teilweise auch schon montiert. Wie nicht anders von Porsche Classic zu erwarten waren sowohl Spaltmaße als auch die Qualität der Lackierung über jeden Zweifel erhaben.
Ohne Make Up: das nackte Blech verzeiht keine Fehler. Gut zu sehen ist die handwerkliche Präzision auf der bei der Werksrestaurierung besonderes Augenmerk gelegt wird.
Dreh- und Angelpunkt der Porsche Exclusive Ausstellung war der aktuelle 991 Speedster dessen Auslieferungen an ganz besonders erlesene Kunden vor wenigen Tagen begonnen hat. Der 991 Speedster bildet die Königsklasse der oben offenen aktuellen 911 ab und ist mit einer Stückzahl von nur 1948 Stück (in Anlehnung an die Produktion des Porsche 356 No.1 im Jahr 1948) verhältnismäßig wenigen und auserwählten Porsche-Enthusiasten vorbehalten. Innerhalb dieses limitierten Modells gibt es wiederum die Möglichkeit das Fahrzeug mit dem sogenannten Heritage Design Paket noch ein wenig extravaganter zu gestalten. Heritage Design bedeutet in diesem Kontext, dass der Wagen mit einem besonders edlen braunem Leder und einem Dekor im Bereich des Exterieurs versehen ist, welches an die Renndekore der 50er Jahre erinnern soll.
Technisch orientiert sich der 991 Speedster mit seinem 510 PS 4.0 Liter Saugmotor und dem 6-Gang Handschaltgetriebe eng an dem unter Kennern so beliebten 991 GT3 Touring, auch wenn dieser mit nur 500 PS unbedeutsam schwächer daher kommt.
Heiß begehrt: der 991 Speedster wird in einer limitierten Stückzahl von 1948 Einheiten produziert. Interessenten für diesen nicht ganz preiswerten offenen Elfer gibt es jedoch noch deutlich mehr. Aus diesem Grund waren die Wartelisten lang und nur erlesene Kunden bekamen schließlich einen Speedster zugewiesen.
Spannende Rennen in 20 Klassen.
Die ausgetragenen Rennen verteilen sich über alle drei Veranstaltungstage und umfassen 20 vielfältige Fahrzeugklassen. Die ältesten Rennwagen stammen dabei aus den 20er Jahren, die jüngsten müssen sich die Bezeichnung Oldtimer wohl erst noch erarbeiten, denn sie sind erst wenige Jahre alt.
Die Wohl spannende Zeit im Rennsport beginnt für Porsche Enthusiasten wohl erst ab den 1950er Jahren. Legendäre Porsche-Rennwagen wie der 718 RSK, 904 Carrera GTS, 910, 911 RSR und der 935 liefern sich in ihren jeweiligen Rennklassen spannende Duelle mit den Kontrahenten ihrer Zeit aus dem Hause Ferrari, Alfa Romeo, Aston Martin, Jaguar und noch vielen mehr.
Trotz des mittlerweile betagten Alters der Fahrzeuge (und manchmal auch der Fahrer) werden die Rennwagen ohne Schonung gekonnt um den Rundkurs pilotiert. Ohne Rücksicht auf das Material wird sich über viele Runden in aufregenden Zweikämpfen duelliert, die manchmal leider nicht ganz spurlos an den Fahrzeugen vorüber gehen. Je nach Rennklasse dauern die Einsätze bis zu 65 Minuten. Am Eröffnungstag wird auf der traditionsreichen Nordschleife des Nürburgrings sogar ein zermürbendes 4-Stunden Langstreckenrennen gefahren.
Sekunden vor dem Start: ein 1964 Porsche 904 Carrera GTS in der Startaufstellung eingekesselt von einem spanischen Pegaso und einem Aston Martin DB5.
Der Blick hinter die Kulissen: das Fahrerlager.
Eine weitere Hauptattraktion des AvD OGPs ist das offene Fahrerlager. Hier werden die Rennwagen auf die Einsätze auf dem Rundkurs präpariert. Der Grad an Professionalität reicht hier von eigenen Renntransportern und mehrköpfigen Teams an Mechanikern in den Königsklassen, bis hin zum Einzelkämpfer der als Multitalent sowohl fahrend hinter dem Steuer als auch schraubend unter der Haube am Rennwochenende seine Herausforderungen sucht. Die Bandbreite im Fahrerlager ist genauso schön vielfältig, wie auch auf der Rennstrecke und durch die offene Begehbarkeit lassen sich sowohl das Geschehen in den Werkstätten, als auch die Aufstellung zum Vorstart hautnah miterleben.
Tiefe Einblicke: im Fahrerlager erlaubt ein demontierter Heckflügel beste Einblicke in die atemberaubende Turbo-Technik dieses 935. Gut zu erkennen sind unten die beiden Turbolader mit den kurzen Auspuffrohren. Der zwischen 1976 und 1981 produzierte 935 leistete in seiner Spitzenversion bis zu 850 PS.
Ganz besonders möchten wir uns an dieser Stelle bei Porsche Hamburg bedanken, die uns freundlicherweise mit den Tickets für dieses Event bedacht haben! Für uns steht fest, dass der 47. AvD OGP nicht unser letzter gewesen sein wird.
Weitere Informationen zum AvD Oldtimer-Grand-Prix sind auf der Event-Website zu finden.
Der 47. AvD OGP stand für Porsche ganz im Zeichen des runden Geburtstags der Baureihe 914. In der Szene führt der kleine Mittelmotor-Sportwagen immer noch ein Leben als Underdog. Während die Sechszylinder in der Wahrnehmung langsam zum großen Bruder 911 aufschließen bleiben viele Vierzylinder 914 immer noch verkannt – Schade und zu Unrecht, wie wir finden.