Porsche 912

Wenn es um den 912 geht, spaltet sich die Porsche Fangemeinde in zwei Lager. Ob einem der 912 anspricht, hängt dabei untrennbar mit der scheinbar religiös anmutenden Frage zusammen, ob ein echter Porsche mit nur vier Zylindern auskommen kann oder ob es stets ein Sechszylinder im Heck sein muss. Das Herz des 912 wurde seinerzeit aus dem 356 C leicht modifiziert übernommen. Der 356 C seit jeher ein gesuchter Klassiker. Niemand zweifelt die Echtheit der Porsche Gene dieses Vorgängermodells des 912 an. Beim von 1965 bis 1969 produzierten 912 scheint jedoch die siebzehnjährige Tradition der Porsche Vierzylinder vergessen. Der 912 genießt neben seinem großen Bruder 911 ein Dasein als Underdog – nicht selten bezeichnet man ihn als ,,the poor man’s porsche’’.

Armaturentafel eines 1966er Porsche 912 mit Holzlenkrad.

Doch hat der 912 den Ruf als ,,Billigversion’’ des 911 wirklich verdient? Oder sollte er nicht vielmehr als eigenständiger Sportwagen, der die seit 1948 gepflegte Tradition der vierzylindrigen Aggregate im Hause Porsche bis in die Siebziger aufrecht erhalten sollte, angesehen werden? Und wie gestaltet sich das Fahrerlebnis eines 912? Ist das eigentlich Porschefahren?

In jüngster Zeit bekennt sich die Sportwagenschmiede Porsche selber wieder zum Vierzylinder. Die 2016er Modelle unterhalb des 911, der Boxster und Cayman, sollen künftig durch 2.0 Liter Vierzylinder-Turbomotoren befeuert werden. Seit Produktionseinstellung des 968 im Jahr 1995 können Porschekunden wieder einen Neuwagen mit Vierzylinder kaufen. Dies lässt auf dem ohnehin boomenden Markt für klassische Porsche die Vierzylindermodelle unterhalb des 911, wie etwa den 912, 914, 924 und 944, wieder  in den Fokus der Sammler und Enthusiasten rücken. Bereits in den letzten Jahren sind auf dem Markt für 912 Preissprünge zwischen 20% und 40% zu beobachten. Die aktuelle Renaissance des Vierzylinders in der Porsche Modellpalette begünstigt diese Entwicklung weiter.

Porsche 912

Doch wie fährt sich ein Porsche 912?

Der aus dem Porsche 356 weiterentwickelte 1600er 4 Zylinder Boxer leistet im Heck des 912 solide 90ps. Aufgrund des Leergewichtes von lediglich 970kg sind damit beachtliche Fahrleistungen zu erzielen. Der 912 spurtet in 13,5 Sekunden von 0 auf 100, bei 185 km/h ist Schluss. Besonders charakteristisch für das Handling des 912 ist die, durch den im Vergleich zum 911, etwas leichteren und weiter nach vorne gerückten Motor, erhöhte Agilität. Besonders auf kurvigen Straßen und in der Stadt überrascht der drehmomentstarke Zwölfer und bietet ungeahnten Fahrspass. Fahrdynamisch signifikant äußert sich auch der Unterschied von der kurzen SWB zur längeren LWB Variante. Die Umstellung vom Modelljahr 1968 auf das Jahr 1969 ließ den Radstand des 912 um 5,7cm wachsen und sorgt damit für spürbar mehr Laufruhe. Klanglich orientiert sich der 912 eng an seinem Vorgänger, dem 356, mit seinem typischem, besonders in den unteren Bereichen des Drehzahlbandes wahrzunehmenden, bollerndem Klang.

Als Geheimtipp entpuppt sich in der Szene der Umbau des 1600er Motors auf 2000ccm. Dadurch sind bei gleichbleibendem Gewicht Motorleistungen zwischen 130ps und 150ps möglich. Zur klanglichen Optimierung eignen sich besonders Abgasanlagen der Firma Bursch. Der 912 wird dadurch sowohl von den Fahrleistungen, als auch vom Klangerlebnis, zum ernstzunehmendem Gegner seiner größeren Brüder.

Porsche 2.7 911S Targa

Das zum Modelljahr 1974 eingeführte G-Modell war optisch gesehen das erste große Update des 911, welches es anfangs in den drei Ausführungen 2.7 911, 2.7 911S und 2.7 Carrera gab. Nach acht Jahren der Produktion des F-Modells folgte nun also das G-Modell dessen markantestes Merkmal wohl die wuchtigen Stoßstangen mit Faltenbalg sind. Die Optik war seinerzeit durchaus gewöhnungsbedürftig. Die zarten Linien des Vorgängers mit verchromten Hupengrills neben großen Blinkern in den abgerundeten Kotflügeln wichen viel Plastik in der Front und einem Reflektorstreifen am Heck auf dem in großen Buchstaben der Firmenname Porsche prangert – die siebziger Jahre hielten endgültig Einzug in das Design des 911. Ob diese Baureihe jemals ein echter Klassiker sein würde wurde damals sicher hitzig debattiert.

Das schmale G-Modell: 2.7 911S Targa mit gebürstetem Targabügel produziert zwischen 1974 und 1977

Diese Frage gilt heute längst als geklärt. Das G-Modell blieb in verschiedensten Karosserie- und Motorvarianten bis 1989 im Programm und war eines der größten Erfolgsmodelle von Porsche. G-Modelle stehen heute ihren Vorgängern in Sachen Fahrzeugwert kaum noch nach und erfreuen sich einer stetig wachsenden Beliebtheit. Dies ist nich zuletzt auf die große Vielfalt innerhalb der Baureihe zurückzuführen, eine Vielfalt bei der manch einer auch mal den Durchblick verlieren kann. Zur Orientierung folgen nun fünf Gründe warum es eine gute Idee ist sich tiefer mit dem 2.7 911S zu beschäftigen.

Charakteristisch: der letzte 911 mit Chromspiegel ab Werk

Es ist der letzte seiner Art 

Die schmale Karosserie und viel Chrom – so stilvoll und dezent kam nach ihm kein 911er mehr daher. Alle Nachfolger wurden wuchtiger, potenter und dadurch natürlich auch schwerer. So puristisch wurde der Serien Elfer nie wieder.

Der 2.7 Liter Motor 

Angetrieben wird der 911S durch einen 2.7 Liter Sechszylinder Boxermotor mit 165PS und satten 235NM Drehmoment. Bei der Motorcharakteristik des 2.7ers ist die Verwandtschaft zum legendären 2.7RS von 1973 deutlich zu spüren. Er zeigt sich drehfreudig, kreischend und lebendig und vermittelt so die Erfahrung eines Porsche Sechszylinders in einer seiner puristischsten Formen – typisch auch die volle Leistungsentfaltung erst jenseits der 4.000 Touren. Mit dem Fünfganggetriebe bringt es der 911S auf 215km/h Spitzengeschwindigkeit und spurtet in 7,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 – Werte, die sich auf der Strasse auch nach vier Jahrzehnten noch sehen lassen können.

 

Der Sechszylinder Boxermotor des 1976 911S schöpft aus 2.7 Litern Hubraum satte 165 PS.

Die Farben der 70er 

Hellgelb, Gelbgrün, Silbergrün-Diamant Metallic, Gulfblau, Arrowblue, Perurot, Lachsdiamant, Cockneybraun – um nur einige Farben dieser Zeit zu nennen. Mitte der siebziger Jahre bot Porsche eine der vielfältigsten Paletten. Diese Vielfalt beschränkt sich natürlich nicht nur auf das Exterieur, sondern setzt sich ebenfalls im Innenraum fort. Ausgefallene Stoff-Leder Kombinationen mit Schottenkaro oder Tweed zeichnen die Modelljahre aus.

Wohnzimmeratmosphäre: Interieur eines schmalen G-Modells charakteristisch in Teilleder mit Schottenkaro

Wertstabilität 

Die Baureihe der 2.7er ist mit einer vierjährigen Bauzeit von 1974 bis 1977 eine der kürzesten in der Geschichte des 911. Dementsprechend niedrig sind die Stückzahlen – dies betrifft insbesondere die teureren Modelle 2.7 911S, 2.7 Carrera oder etwa den lediglich ein halbes Jahr lang produzierten 175PS 2.7 911S mit dem Motorcode 911/93 als kleinen Geheimtipp. Innerhalb der Baureihe gab es zudem eine stetige Modellpflege, weshalb sowohl die frühen als auch die späten 2.7er jeweils mit beliebten Besonderheiten aufwarten. Während es bei den frühen 2.7er Targas so beispielsweise noch die beliebten Ausstellfenster gab, zeichnen sich die späten 2.7 911S durch eine verbesserte Bremsanlage und überarbeitete Achsen aus.

Insgesamt ist bei dem 2.7 911S in den letzten zwei Jahren mit der größte Wertzuwachs unter den 911ern zu beobachten. Im Vergleich zu dem vorangegangenen F-Modell sind die Preise jedoch noch im Rahmen, es ist noch nicht zu spät ,einzusteigen‘!

Die puristische Instrumentenlandschaft des 2.7er blieb bis zum 3.2 Carrera des Modelljahres 1989 fast unverändert.

Agilität

Der 911S von 1976 fällt durch seine Leichtfüßigkeit direkt positiv auf. Das Gewicht von lediglich 1120KG bereitet dem 165PS Aggregat wenig Mühe und sorgt, besonders im oberen Bereich des Drehzahlbandes, für beachtlichen Vortrieb. Die 15Zoll hohen und 6J breiten Fuchsfelgen sorgen mit Bereifung in der Dimension 185/70 VR15 für gute Fahrstabilität und Fahrbahnkontakt. Auf der Bremse profitiert dieser Elfer im Vergleich zu früheren Fahrzeugen dieser Baureihe von dem im MJ 1975 eingeführtem Bremskraftverstärker. Mit relativ wenig Pedaldruck wird so eine gute Bremsleistung erzielt, was auch das Fahren im dichteren Stadtverkehr problemlos möglich macht. Noch mehr Fahrstabilität bekommt der 2.7er durch die etwas breiteren ATS Hackmesserfelgen auf der Hinterachse. Diese sind mit 7J etwas breiter und ermöglichen so eine dezent breitere Bereifung hinten.

Das geringe Leergewicht des letzten 911S macht ihn äußerst agil – entweder mit 165 PS oder 175 PS.

Porsche 911 Carrera M491 Werksturbolook

Dass sich die Preisschraube auf dem Markt für klassische Porsche in jüngster Zeit schneller nach oben dreht als die meisten Wertpapiere ist wohl jedem Fan klassischer Automobile geläufig. Dabei entwickeln sich jedoch unterschiedliche Fahrzeuge unterschiedlich stark im Wert nach oben. Die Faustregel lautet oft: ,,Alles was bei Porsche selten ist, ist ein Garant für Wertzuwachs.’’ Ein sich dabei besonders herausstellendes Modell ist das von 1984 bis 1989 G-Modell im Werksturbolook – der WTL. Hier sind in den letzten zwei Jahren Preissprünge von 40.000€ bis 60.000€ nach oben zu beobachten. Im Vergleich dazu entwickelten sich die ,,normalen’’ 3.2 und 3.0 Liter G-Modelle nur um rund 20.000€ bis 30.000€ ins Plus – ein signifikanter Unterschied.

Ist der WTL aktuell am Markt schlicht überbewertet? Was macht die Besonderheit dieser Ausstattungsvariante aus? Und was bietet mir ein Werksturbolook im Vergleich zum bürgerlichen 3.2 Carrera?

M491 Werksturbolook Coupé aus dem Modelljahr 1984 mit 231 PS aus 3.2 Liter Hubraum.

Der unter dem Optionscode M491 ab MJ 1984 als Coupé bestellbare Werksturbolook wurde, innerhalb seines sechs Jahre anhaltenden Produktionszeitraumes, insgesamt 1397 mal produziert. Ab dem MJ 1985 war der WTL zudem als Cabriolet und Targa lieferbar. Die Produktionszahlen kumulieren sich hier auf 1684 Cabriolets und lediglich 559 Targas. Für knapp unter 30.000DM Aufpreis bekam der WTL-Kunde den 911 Turbo ohne Turbo. Dies bedeutet, dass der WTL über die Bremsanlage, das Fahrwerk, die Achsen bis hin zur Karosserie alle Vorzüge des Flaggschiffes 930 bot. Vor allem die Turbo-Bremsanlage, als direkte Weiterentwicklung aus dem erfolgreichen Porsche 917, ist in diesem Zusammenhang ein nennenswertes Feature. Dem hohen Preis ist es wohl auch geschuldet, dass nur relativ wenige WTL produziert wurden. Von 1984 bis 1989 stehen so 10.296 produzierten 930 nur 3.640 911 WTL entgegen.

Heute bietet der M491 vor allem die Optik und Straßenlage des 930, gepaart mit dem deutlich niedrigeren Verbrauch des konventionellen 3.2 Saugmotors. Der Unterschied zur  Fahrdynamik des gewöhnlichen  3.2ers ist dabei gravierend. Der WTL  liegt satter, steuert agiler und bremst präziser. Lediglich sein Mehrgewicht und der durch die breitere Karosserie erhöhte Luftwiderstand bremsen den WTL in Punkto Beschleunigung und Endgeschwindigkeit ein wenig ein. Lässt man die gleichgebliebene Leistung des WTL im Vergleich zu seinen schmalen Brüdern einmal außer Acht, so könnte man ihn mit Fug und Recht als den GT3 der 80er bezeichnen.

M491 Werksturbolook Targa aus dem ersten Modelljahr 1985.

Zum Modelljahr 1985 betrat eine bis dato noch sehr ungewöhnliche Silhouette die Bildfläche der breiten Elfer – der Turbolook Targa.

Für Kenner der Porsche-Szene war der Anblick eines Targas in Turbooptik nichts Neues. Bereits Ende der Siebziger baute beispielsweise der Edeltuner Buchmann, kurz bb, aus Frankfurt am Main einen 911SC Targa komplett auf Turbo um und versah den Wagen neben der Turbo-Optik auch mit dem passenden Aggregat mit Abgasturbolader. Der mittlerweile zum Kultobjekt ausgestiegene ,,Rainbow-Porsche“ von bb ist stilistisch direkter Vorläufer des werksseitig verbreiterten G-Modell Targa.

In der Bauzeit zwischen 1985 und 1989 entstanden lediglich 559 Exemplare des breiten Targa mit 3.2 Saugmotor. Hiervon sind 322 linksgelenkte und 237 rechtsgelenkte Fahrzeuge. Diese sehr geringe Stückzahl macht den M491 Targa heute unter Sammlern zu einem der gesuchtesten G-Modelle mit 3.2 Liter Motor.

Zum Modelljahr 1987 wurde schließlich Rainer Buchmanns Vision vom Turbo Targa Wirklichkeit. Porsche erweiterte seine Angebotspalette für das Modell 930 Turbo um die Karosserieform Targa und Cabriolet. Fortan konnte das Flaggschiff der 911er Baureihe mit Abgasturbolader in allen drei Karosserievarianten bestellt werden. Insgesamt belief sich die Produktion des 930 Targa aufgrund seiner kurzen Bauzeit und des hohen Kaufpreises auf lediglich 296 Exemplare. Das 930 Cabriolet brachte es immerhin auf 1642 Einheiten.

Daten und Stückzahlen mit freundlicher Zurverfügungstellung durch das Turbolook-Register. Bei Interesse kann sich dort auch weitergehend über den 911 im Werksturbolook informiert werden.

,,In der 28-jährigen Geschichte des Hauses Porsche haben schon mehrere Modelle den Namen ,,Carrera’’ getragen, und fast immer waren es entweder reine Rennautos oder zumindest betont sportliche, auf hohe Leistung gebrachte Straßenfahrzeuge.’’

Mit diesem Absatz beginnt die Beschreibung des Carrera 3.0 im Porsche Fahrzeugkatalog des Modelljahres 1976. Es ist das erste und zugleich vorletzte Modelljahr des Carrera 3.0. Schon in diesem Textbaustein wird deutlich, wie groß die Fußstapfen sind, in die diese neue Variante des Porsche 911 treten soll. Direkter Vorgänger war der 2.7 Carrera der Modelljahre 1974 und 1975 – in seinem Heck arbeitete kein geringeres Aggregat als das des legendären Carrera RS. Für viele ist dies der Elfer überhaupt und mit seinem ruppig lauten und leistungsstarken MFI 2.7 Liter Motor ist kaum ein Serienfahrzeug der Baureihe 911 emotionaler.

Heckansicht eines Porsche Carrera 3.0 in silbergrün mit charakteristischem Whale-Tail Heckflügel.

Doch genau dieses puristische, ruppige und laute Fahrerlebnis wurde von einem sich wandelnden Klientel für die Sportwagen aus Zuffenhausen nicht länger gewünscht. Neben der Motorleistung gerieten andere Aspekte in das Hauptaugenmerk der Kunden wie etwa die Alltagstauglichkeit, ein niedrigerer Geräuschpegel und der Komfort.

Genau diesen Spagat zwischen dem urtypisch Sportlichem, welches der Name Carrera manifestiert, und dem neuen Verlangen nach im Alltag sorglos bewegbaren Sportwagen, versuchte Porsche zum Modelljahr 1976 mit dem Carrera 3.0 gerecht zu werden.

Interieur eines Porsche Carrera 3.0 mit originalen Sportsitzen in Schottenkaro und 38 cm Sportlenkrad.

Mit 200 PS Motorleistung ist das komplett neu entwickelte drei Liter Aggregat mit neuartigen Aluminium-Motorhälften ganze 9 PS leistungsärmer als sein legendärer Vorgänger Carrera 2.7. Dieses Manko gleicht der Carrera 3.0 jedoch dadurch aus, dass er das gleiche maximale Drehmoment beider Motorvarianten von 255 NM bereits bei 4.200 U/min erreicht und nicht wie der Carrera 2.7 erst bei 5.100 U/min. Im Katalog von 1976 wird diese Motorcharakteristik mit ,,noch bulliger und elastischer’’ beschrieben.

Der 930/02 Motor im Porsche Carrera 3.0 leistet 200 PS und beschleunigt den Wagen so in nur 6,5 Sekunden von 0-100km/h.

Mit Ausnahme des Motors sind die sonstigen Veränderungen zwischen dem Carrera 2.7 und dem neuen 3.0 eher subtil. Beide verfügen über die im Vergleich zum 911S der selben Baujahre dezent verbreiterten hinteren Kotflügel, um den 8J breiten Fuchsfelgen genug Raum zu geben. Ebenfalls sind beide Fahrzeuge ab Werk serienmäßig komplett ohne Chromdetails um die sportliche Linie weiter zu unterstreichen. Sowohl den Carrera 3.0 als auch den 2.7 gab es zudem als Coupé und als Targa. Der Carrera 3.0 wartet in Gegensatz zu seinem Vorgänger eher durch technische Innovationen auf.

Erstmalig gibt es elektrische Fensterheber, einen verstellbaren Außenspiegel auf der Fahrerseite und eine elektronische Heizungsregulierung in der Mitte der vorderen Sitze serienmäßig. Ebenfalls serienmäßig beim Carrera 3.0 war das dickere 38 cm Sportlenkrad, die Turbo-Sportsitze waren optional erhältlich und sogar eine Scheinwerferreinigungsanlage war für den Carrera 3.0 bestellbar. Zudem wurden viele Carrera 3.0 mit den 7J und 8J breiten Fuchs Schmiedefelgen in 15 Zoll und dem charakteristischen vom Turbo 3.0 abgeleiteten Whale-Tail Heckflügel konfiguriert.

Preislich lag der Carrera 3.0 im ersten Modelljahr 1976 über 10.000 DM oberhalb des 911S und schlug so mit einem Basispreis von 44.950 DM als Coupé und 46.950 DM als Targa zu buche. Dem hohen Anschaffungspreis, der sehr kurzen Bauzeit und der Tatsache, dass es den Carrera 3.0 aufgrund strengerer Abgasbestimmungen in den U.S.-Märkten nur auf dem europäischen Markt gab, ist es wohl geschuldet, dass seine Stückzahl relativ gering ausfiel. In den zwei Jahren Bauzeit entstanden so insgesamt lediglich 3.687, Coupés und Targa zusammen genommen.

Aus heutiger Sicht bietet der Carrera 3.0 also die leistungsstärkste 911 Saugmotorvariante aus den 70er Jahren, die in nur sehr geringer Stückzahl gefertigt wurde. Dies macht ihn als Sammlerfahrzeug und auch in Punkto Werterhalt besonders interessant. Dazu gesellt sich der Vorteil des als etwas robuster geltenden 930/02 Motors mit Aluminium-Motorhälften im Vergleich zu den 2.7 Liter Varianten dieser Zeit mit Magnesium-Hälften. Schlussendlich kann der Carrera 3.0 oft mit den typischen Farben der 70er Jahre aufwarten und punktet so auch mit hohem Kultfaktor.

Unser Testwagen: ein Porsche Carrera 3.0 in silbergrün aus dem letzten Modelljahr 1977.

Gründe genug, um sich tiefer mit dem Carrera 3.0 der Modelljahre 1976 und 1977 auseinander zu setzen. Hier drängt sich die wohl wichtigste Frage auf: wie fährt er sich?

Schon beim ersten umdrehen des Zündschlüssels ist seine Verwandtschaft zu den anderen Elfern mit Bosch K-Jetronic (2.7 911, 2.7 911S und 3.0 SC) unverkennbar. Erst nach kurzer Warmlaufphase pendelt sich die Drehzahl im Leerlauf auf dem normalen Niveau ein. Klanglich ist der Carrera 3.0 deutlich dumpfer als die 2.7er, jedoch heller und bissiger als die 3.0 SC. Wer hier den rotzigen Klang des Carrera 2.7 mit MFI Anlage im Lastwechselbereich erwartet, wird enttäuscht. Der Carrera 3.0 klingt sportlich aber kultivierter und erwachsener.

Die 200 PS des 3.0 Liter Motors haben mit dem geringen Fahrzeuggewicht von nur 1.120 kg wenig Mühe. Mit diesem Leergewicht ist der Carrera 3.0 ganze 45 kg schwerer als sein giftiger kleiner Bruder Carrera 2.7. Auch im Sprint aus dem Stand auf Landstraßentempo in 6,5 Sekunden und der Endgeschwindigkeit von 235 km/h liegt der Carrera 3.0 immer ein Hauch hinter dem Carrera 2.7, ruft seine Leistung aber aufgrund des früher verfügbaren maximalen Drehmoments deutlich homogener ab und verbraucht im Schnitt auch weniger Sprit (auch wenn das in diesem Zusammenhang eher eine untergeordnete Rolle spielt). Auf der Bremse überzeugen vor allem die Carrera 3.0 des letzten Modelljahres 1977, da diese bereits über einen Bremskraftverstärker verfügen. Die frühen 3.0er bedürfen wie auch die Carrera 2.7 eines etwas beherzteren Pedaldruckes durch den Fahrer.

Wer den Kauf eines Carrera 3.0 erwägt muss für seriöse Fahrzeuge in Abhängigkeit des Zustandes und der Konfiguration aktuell eine Investition zwischen 80.000€ und 120.000€ tätigen (Stand 09/2018). Damit liegt der Carrera 3.0 noch deutlich unter den Preisen des Carrera 2.7, jedoch auch deutlich über denen für ernstzunehmende 911 S oder 911 SC.

Fotos von Roman Rätzke.

Porsche 930 Turbo 3.0

Als einer der letzten Großserienhersteller von Sportwagen verbannte Porsche zum Modelljahr 2017 den Saugmotor fast vollständig aus der Modellpalette. Es ist eine Entwicklung die sich durch die gesamte Automobilbranche zieht. Erzwungen durch strenge Emissions- und Verbrauchsvorgaben wird der reinrassige Sauger im Sportwagen so zur Seltenheit. Dabei ist es eine ambivalente Beziehung zum Turbolader. Der Verstand argumentiert für die Technologie mit mehr Leistungsausbeute und linearerer Kraftverteilung bei zeitgleicher Steigerung der Kraftstoffeffizienz, das Herz jedoch dagegen mit verlorener automobiler Seele bei einer Technik der das charmant Unperfekte fehlt. Egal wie sehr sich die Sound-Designer der Automobilproduzenten bemühen diesen Makel durch ein schepperndes ,Backfire’ zu beheben, es wirkt stets als würde der moderne Turbomotor Fehlzündungen von sich geben weil er soll, nicht weil er es muss.

Doch es war nicht immer so mit den Turbos. 

Heckansicht des 930 Turbo 3.0 mit dem charakteristischen Whaletail.

Der 930 Turbo 3.0 ist ein relict aus den frühen Tagen des Turboladers, einer Zeit in der diese Technologie noch in den Kinderschuhen steckte und just den Weg von den Rennstrecken der Welt in die Autos der Kunden bewältigt hatte. Als Porsche 1974 den 930 Turbo 3.0 auf dem Pariser Autosalon präsentierte war dies der erste Seriensportwagen und das zweite Serienfahrzeug überhaupt mit einem Abgasturbolader. Lediglich der 1972er BMW 2002 turbo kam dem 930 Turbo 3.0 zuvor.

Eng anliegende Turbo-Sportsitze halten den Fahrer auch in schnellen Kurven fest im Griff.

Es ist bereits die Anmutung des Fahrzeuges, die einen ahnen lässt, dass man es hier nicht mit dem freundlichen 911 zu tun hat den man aus den sechziger Jahren kennt. Die weit ausgestellten Kotflügel bilden zusammen mit dem großen Heckflügel eine Einheit die einen auch nach 40 Jahren noch ins Staunen versetzt. Öffnet man die Fahrertür, so blickt man sofort auf die Sportsitze mit den wuchtigen Seitenwangen. Sie wirken, für den ansonsten recht kleinen Innenraum des 911, ungewöhnlich massig, versprechen jedoch schon beim bloßen Hinsehen fesselnden Seitenhalt in jeder Kurve. Sobald man einmal Platz genommen hat will man nicht mehr aufstehen.

Der Motor hustet beim Umdrehen des Zündschlüssels. Es ist ein heller und mechanischer Sound, deutlich leiser als man es bei den meisten Saugern der 911 Reihe gewöhnt ist. Die ersten Meter im 930 Turbo 3.0 sind aufregend, die Erwartungen die man an das Fahrerlebnis stellt sind durch die aggressive Optik des Gefährts jedoch sehr hoch und so wirken die ersten Minuten ernüchternd. Unterhalb der 3.500 Touren fährt sich der Turbo 3.0 zahm und in Kombination mit dem leisen Motorgeräusch fast ein bisschen langweilig. Dieser Eindruck verfliegt jedoch rasant sobald man etwas mehr Gas gibt und sich der Drehzahlmesser in Bereiche jenseits der 4.000 Umdrehungen hebt. Es dominiert ein nun deutlich lauterer und röhrender Klang des Aggregats im Rücken überlagert von einem hellen Pfeifen des Turboladers — der Wagen springt nach vorne. Schon nach wenigen Augenblicken erreicht der Motor 6.800 Touren und man muss hochschalten. Hier entfaltet der 930 Turbo 3.0 sein ganzes Potential. Der Punkt an dem der Ladedruck einsetzt ist so abrupt und trennscharf, dass es ein paar Kurven bedarf um sich spielerisch an das Leistungspotential des Wagens heranzutasten bevor man mit ihm wirklich schnell fahren kann.

Das 3.0 Liter Aggregat: Sechszylinder Boxermotor mit Abgasturbolader. Leistung: 260PS.

Es ist ein Fahrzeug, dass seinen Fahrer fordert und in jeder Situation die vollste Aufmerksamkeit bedarf. In modernen Fahrzeugen häufig kaum wahrgenommene Aspekte wie Reifentemperatur, Beschaffenheit des Untergrunds, Wetterverhältnisse und die daraus resultierende Traktion rücken nun wieder in den Fokus des Piloten — das ist Purismus. Hebt man nach der Beschleunigungsorgie in den Gängen zwei bis drei den Fuß vom Gas hört man bellende Fehlzündungen, das Lächeln auf den Lippen lässt sich kaum verkneifen.

So aufregend kann Turbo sein.

Der Turbo 3.0 beschleunigt in nur 5,5 Sekunden aus dem Stand auf Landstraßentempo. Bei 250 km/h ist Schluss.

Der von uns gefahrene 930 Turbo 3.0 im speziellen ist ein Fahrzeug aus dem Modelljahr 1976 original mit nur etwas über 40.000 Meilen auf der Uhr. Es ist eines der äußerst seltenen Exemplare in der Sonderfarbe #944 Platinium Diamant Metallic. Diese Farbe war ursprünglich für das auf 200 Einheiten limitierte 1976er Sondermodell ,,Signature 911S’’ kreiert worden und war auf anderen Fahrzeugen der Porsche-Modellpalette nur auf Sonderwunsch bestellbar. Zu dem platinfarbenen Exterieur wurde das Interieur stimmig in einem beigen Vollleder gewählt. Auch sonst wurde dieses Fahrzeug in Volllausstattung konfiguriert. Hierzu zählt neben den Leder-Sportsitzen und der Klimaanlage auch ein vollelektrisches Schiebedach. Der verbaute dreiliter 6 Zylinder Boxermotor mit einem Abgasturbolader produziert eine Leistung von 260PS bei einem Drehmoment von 329 NM und einem Leergewicht von lediglich 1.210kg. So befeuert spurtet der 930 Turbo 3.0 in sechs Sekunden aus dem Stand auf Landstraßentempo bis auf eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h — nicht zu vergessen, wir befinden uns im Jahr 1976.

Die Heckansicht des 930 Turbo 3.0 lockt mit spektakulären Kurven. Für die damaligen Zeit waren diese ausladenden Rundungen ein klares Statement.

Die Fahrt ist vorüber, der Motor aus, das Herz rast noch. An diesem Punkt fällt es einem schwer aus dem Fahrzeug auszusteigen, sei es weil man die Fahrt nicht wirklich enden lassen möchte oder weil die engen Sportsitze einen nicht gehen lassen wollen. Beim Griff zum Türöffner zittern die Hände noch leicht – man hat ihn bezwungen, den ersten Seriensportwagen mit Turbolader. Der 930 Turbo 3.0 zeigt eindrucksvoll wie aufregend, ungestüm und emotional die heute steril anmutende Technologie des Turboladers sein kann — wie wir es vorhin gesagt haben, es war nicht immer so mit den Turbos.